Gottfried Tauberts „Rechtschaffener Tantzmeister“ (Leipzig 1717): Kontexte – Lektüren – Praktiken

Einladung und Call for Papers zum Internationalen Symposium vom 20. bis 23. September 2017 im Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig veranstaltet vom Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig

Im Jahr 2017 jährt sich zum 300. Mal die Veröffentlichung von Gottfried Taubert, Tanzmeisters zu Leipzig, Rechtschaffener Tantzmeister, oder gründliche Erklärung der Frantzö sischen Tantz-Kunst, ge- druckt bei Friedrich Lanckischens Erben in Leipzig. Dieser mehr als 1200 Seiten umfassende Tanztraktat ist ein einzigartiges Kompendium zusammengetragenen Wissens und neuer Überlegungen zum Tanz und seinem kulturellen, gesellschaftlichen und sittlichen Status. Ausführliche Beschreibungen der Tanz- technik und Tanzpädagogik sowie eine Übertragung von Feuillets Chorégraphie ins Deutsche machen ihn zu einer der wichtigsten Quellen zur Rezeption der französischen Tanzkunst im deutschsprachigen Raum.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts erschienen in Deutschland, u.a. in Leipzig, innerhalb von 15 Jahren zahl- reiche Tanztraktate, in denen sich die Verbreitung des französischen Tanzstiles manifestiert – z. B. von I. H. P. (1705), Bonnefond (1705), Pasch (1707), Behr (1703, 1709, 1713) und Bonin (1712). Von Tau- bert selbst war bereits 1706 ein Kurtzer Entwurff Des Edlen / so wohl natürlichen als künstlichen Tantz- Exercitii in Danzig erschienen. Seine spätere Abhandlung über die Geschichte, Theorie und Praxis des Tanzes ist zu einem großen Teil von diesen Traktaten beeinflusst und bildet darüber hinaus eines der reichhaltigsten Zeugnisse zum Kulturtransfer zwischen Frankreich und Deutschland, zum Gesellschafts- und Theatertanz des beginnenden 18. Jahrhunderts sowie zu den kulturellen Praktiken des Leipziger Bürgertums.

Bis heute existieren jedoch nur wenige Studien zu diesem vielfältigen Werk. Unter anderem erweckte es in den 1950er Jahren das Interesse des Tanzforschers und Tanzrekonstrukteurs Karl Heinz Taubert; wissenschaftliche Untersuchungen wurden u.a. von Angelika Gerbes (1972, 1992), Kurt Petermann (1976), Marie-Thérèse Mourey (2003, in Überarbeitung für den Druck) und Stephanie Schroedter (2004) durchgeführt. Von 2006 bis 2009 war der Rechtschaffene Tantzmeister Gegenstand eines Forschungs- und Übersetzungsprojekts in Zusammenarbeit von Wissenschaftler*innen und Barocktänzer*innen der ACRAS in Frankreich, das noch auf seine Veröffentlichung wartet. 2012 erschien der Traktat in der voll- ständigen englischen Übersetzung von Tilden Russell. Dennoch sind bis heute noch viele Forschungs- fragen offengeblieben.

Anlässlich des 300jährigen Publikationsjubiläums findet vom 20. bis 23. September 2017 im Musikin- strumentenmuseum der Universität Leipzig ein internationales Symposium über Gottfried Taubert und sein Werk statt, das renommierte Fachwissenschaftler*innen und Spezialist*innen barocker Tanz(musik-) praxis zusammenbringen wird. Das Symposium steht in einer Reihe mit der Pariser Veranstaltung La danse française en Allemagne et son enseignement au début du XVIIIe siècle / Autour du Parfait Maître à danser (Rechtschaffener Tantzmeister) de Gottfried Taubert (Leipzig, 1717), die vom 5. bis 8. September 2017 stattfinden und eine eintägige Tagung sowie ein dreitägiges Praxisatelier umfassen wird.

Komplementär hierzu möchte das Leipziger Symposium dazu beitragen, Forschungslücken zu schließen und eine breite Kontextualisierung des Taubert’schen Werkes ermöglichen, indem es seine Schriften auch in Beziehung setzt zu den zeitgenössischen Tanztraktaten sowie zum Musik- und Tanzschaffen auf lokaler, regionaler und internationaler Ebene.

Mögliche Themenfelder für wissenschaftliche Beiträge und Lecture Demonstrations sind:

1. Kontextualisierung

  •   Höfische, bürgerliche und studentische/universitäre Tanzmeisterszenen in Mitteldeutschland, ins- bes. Leipzig

  •   Gesellschaftlicher und künstlerischer Status des Tanzmeisters

  •   Tanz und Reformation/Pietismus

  •   Editorischer Rahmen

  •   Tauberts Werk im Kontext anderer deutscher Tanztraktate (Publikationszeitraum 1700–1717)

  •   Quellen zu Tauberts Rechtschaffenem Tantzmeister

  •   Kulturtransfer Frankreich – Mitteldeutschland – Polen 2. Kulturelle Praxis

  •   Tanz/Musikschaffen in Mitteldeutschland im 17./18. Jahrhundert

  •   Musikalische und choreographische Formen

  •   Tanzunterricht und -pädagogik zu Beginn des 18. Jahrhunderts

  •   Tanztechnik des Balltanzes und des Theatertanzes

  •   Tanzmeistergeigen (Organologie)

  •   Musikalische Interpretation von Tanzmusik

    3. Lektüren: Der Rechtschaffene Tantzmeister (1717)

  •   Tanzvokabular bei Taubert

  •   Tauberts Kategorisierungen: „Tanz in Prosa“, „belle Danse“, „hohe theatralische Tänze“, „Ballet

    comique“, „Ballet crotesque“, usw.

  •   Die Feuillet-Übersetzung von Taubert

  •   Tauberts Traktat im Vergleich zu den zeitgenössischen europäischen Tanztraktaten

  •   Übersetzungen / Rezeption des Tantzmeisters: Interpretationen und Lesarten

  •   Die Bedeutung der in Deutschland publizierten Traktate für den heutigen Barocktanz

    Die Vorträge und Lecture Demonstrations sollen eine Länge von 25 Minuten nicht überschreiten. Die spätere Veröffentlichung in einem Sammelband ist vorgesehen. Abstracts der Beiträge im Umfang von bis zu 250 Wörtern, eine kurze Beschreibung Ihrer Person (wissenschaftlicher Werdegang, Forschungs- schwerpunkte, evtl. Publikationsliste) sowie die Angabe der benötigten Hilfsmittel (PC, Beamer, Audio, Video etc.) werden bis zum 31. Januar 2017 per E-Mail an taubert2017@uni-leipzig.de erbeten. Der Annahmebescheid erfolgt zum 31. März 2017.

    Konferenzsprachen: Deutsch und Englisch.

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Mit dem Einreichen eines Abstracts erklären Sie sich einverstanden mit der möglichen Weitergabe Ihrer Daten und der Inhaltsangabe des Vortrags an die Presse und die Tagungsteilnehmer*innen. Den Refe- rent*innen geht rechtzeitig vor Beginn des Symposiums ein Programm mit den exakten Zeit- und Raum- plänen zu. Die Anmeldung zur Teilnahme ohne Vortrag ist ab dem 1. Mai 2017 an o.g. Mailadresse möglich. Anmeldeschluss ist der 10. September 2017.

Konzeption und Organisation

Dr. Hanna Walsdorf (Universität Leipzig/Institut für Theaterwissenschaft) Christoph Koop, M.A. (Universität Leipzig/Institut für Theaterwissenschaft) Hubert Hazebroucq, M.A. (Paris)
Gerrit Berenike Heiter, M.A. (Paris/Wien)

Wissenschaftlicher Beirat:

Prof. Dr. Josef Focht (Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig)
Prof. Dr. Marie-Thérèse Mourey (Université Paris-Sorbonne, Frankreich)
Prof. Dr. Patrick Primavesi (Universität Leipzig/Tanzarchiv Leipzig e.V.)
Prof. em. Dr. Tilden Russell (Southern Connecticut State University, New Haven/CT, USA)

Kooperationspartner:

Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig
Stadtgeschichtliches Museum Leipzig / Altes Rathaus
Tanzarchiv Leipzig e.V.
ACRAS – Association pour un Centre de Recherche sur les arts du Spectacle au XVII et XVIII siècles Historical Dance Symposium Rothenfels

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Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig

Ritterstraße 16
04109 Leipzig
Germany

Teacher, Organizer

HUBERT HAZEBROUCQ is a professional dancer, choreographer and teacher specialized in historical dances since 1998. He has performed with many Baroque and... read more