Beloved Visitor, Euer Libden,
"Oh, Mensch lerne tanzen sonst wissen die Engel im Himmel mit Dir nichts anzufangen." Das wissen wir seit Augustinus. Allein scheint das Tanzen, vornehmlich der tanzende Mann, allenthalben auf dem Rückzug, und dass man auch in Gruppe miteinander tanzen kann, scheint man vergessen zu haben, außer es begegnet einem als Urlaubserlebnis. Dabei war das doch einmal ganz anders. Das gesellige Miteinander im Tanz war eine Selbstverständlichkeit. Jane Austen schildert keine exotischen Absonderlichkeiten, sondern den 'common sense'. Ein gesellschaftliches Ereignis ohne gemeinschaftliches Tanzen - undenkbar ! Was ist passiert ? Das wäre eine schöne Bachelor Arbeit: Die Veränderung der Gesellschaft anhand der Entwicklung der Tanzkultur - vom frühzeitlichen Reigen bis zum autistischen Schüttelsyndrom. Nein das wäre gemein, ich schüttel auch ganz gerne, vornehmlich 80er Jahre Sound. Aber in den kulturbeschlagenen Medien beklagt man die Isolierung des Individuums, die gesellschaftliche Vereinzelung, das Denken und Sorgen in Kleinstgruppen und eine rasant ansteigende Unverbindlichkeit in zwischenmenschlichen Bereichen aufgrund der neuen Techniken. Böse Technik ! Ruft man. Böse Verführer Google und Facebook ! Dabei nutzen diese Kulturmedien natürlich auch überwiegend diese böse neue Technik. Ich finde Technik knorke. Sonst könnte ich euch das nicht schreiben und unsere Gruppe vorstellen. Der "Renaissancemensch", so es ihn denn gegeben hat, übrigens auch - diese Leute waren gerade zu technikverliebt. Allein wieviele neue Musikinstrumente damals entwickelt wurden. Aber sie wussten auch ganz genau, daß der Mensch alleine nicht existieren kann, oder nur schwer. "Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei" 1.Mose 2:18. Das Leben und Wirken in Gemeinschaften, Stadtgemeinschaften, Dorfgemeinschaften, Zünften, Burschenschaften etc. galt als Teil der "schönsten aller Welten". Und zur Gemeinschaft gehörte nun mal Tanzen, hier konnte man sich vergewissern, dass man noch "da" war, auch für die anderen, hier kam man "in Tuchfühlung", konnte sich "den kleinen Finger reichen", wußte um "Fehltritte" und wollte auf keinen Fall "aus der Reihe tanzen". Ich bin der festen Überzeugung, dass das Miteinander und das miteinander Tanzen uns vor der Vereinzelung und Vereinsamung schützt. Gerade weil wir viel in den digitalen und virtuellen Welten unterwegs sind sollten wir uns vergewissern, dass wir noch physisch "da" sind - und das können uns nur unsere physisch vorhandenen Mitmenschen versichern, oder habt schon mal versucht euch selbst zu küssen ?
Meine Liebe gilt den englischen Country (Contre) Dances, diesen schnellen, verwirrenden Tänzen mit den skurilen Namen und ihrer Mischung aus ewig gleichen Figuren und exzentrischen Variationen. Ich mag es, wenn ich einerseits Haltung zeigen muß, und andererseits meinen Spaß dabei haben kann. Und ich träume davon, daß man auf Parties Hochzeiten oder Stadtfesten zwischendurch "englisch" tanzt. Deshalb veranstalten wir Bälle, Tanzparties oder laden einfach mal ein paar Leute zu unseren Trainings um ein klein wenig mitzuhelfen, dieses gigantische Repertoire (2000 Tänze ?) mit neuem Leben zu füllen. Auftritte liegen uns weniger, wir wollen nicht präsentieren, sondern mit den Menschen zusammen tanzen und selbst jede Menge Freude dabei haben.
Your most faithful friend and servant
Esquire
Yes, it's only Playford, but we like !
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